Steigende Zahl von Sammelklagen – ein unterschätztes Risiko für viele Unternehmen
12.07.2024
Bei der Abhilfeklage handelt es sich um eine Verbandsklage (teils auch als Sammelklage bezeichnet), die von qualifizierten Einrichtungen (z. B. Verbraucherverbänden) gegen Unternehmen erhoben werden kann. Sie erlaubt es den Gerichten, Unternehmen direkt zu einer Leistung an eine Gruppe von Verbrauchern zu verurteilen (einschließlich der Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrages), sofern diese von demselben Sachverhalt betroffen sind, ihre Ansprüche im Wesentlichen gleichartig sind und sie ihre Ansprüche zum Verbandsklageregister angemeldet haben.
Ausgehend von der Zahl der innerhalb kurzer Zeit erhobenen Abhilfeklagen dürfte diese Klageart weitaus größere Auswirkungen haben als die bereits (und immer noch) existierende Musterfeststellungsklage. Dies liegt vor allem daran, dass die neue Abhilfeklage es den Gerichten erlaubt, ein Unternehmen direkt zu bestimmten Leistungen, einschließlich der Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrags, zu verurteilen; im Gegensatz dazu erlaubt die bereits vor Inkrafttreten des VDuG existierende Musterfeststellungsklage es den Gerichten nur, verbindliche Feststellungen zu bestimmten Umständen zu treffen, die für die Ansprüche der Verbraucher von Bedeutung sind (die dann aber gesonderte Klagen einreichen müssten, wenn der Beklagte sich weigert, sie zu entschädigen).
Hier die wichtigsten Fakten zur „Abhilfeklage“:
• Zulässigkeit: Im Wesentlichen gleichartige Ansprüche von mindestens 50 potenziell betroffenen Verbrauchern.
• Erfasste Ansprüche: Alle zivilrechtlichen Ansprüche von Verbrauchern gegen Unternehmen, z. B. Zahlungsansprüche aufgrund unzulässiger Preisanpassungsklauseln, Ansprüche auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung wegen mangelhafter Produkte, Schadensersatzansprüche aufgrund irreführender Werbung usw.
• Opt-in: Die Verbraucher müssen ihre Ansprüche spätestens drei Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung aktiv zum Verbandsklageregister (das vom Bundesministerium der Justiz betrieben wird) anmelden.
• Teilnahmeberechtigte Personen: Nur Verbraucher und kleine Unternehmen (mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz von nicht mehr als 2 Mio. EUR).
• Ausgang des Verfahrens: Wenn sich die Parteien nicht einigen (was die Genehmigung des Gerichts erfordert), kann das Gericht das Unternehmen zu einer bestimmten Leistung verurteilen; dies umfasst die Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrags an eine Gruppe von Verbrauchern (wobei die konkreten Voraussetzungen, nach denen sich die Anspruchsberechtigung der betroffenen Verbraucher bestimmt, festgelegt wird), der von einem Sachwalter an die berechtigten Verbraucher verteilt wird.
Die neue Abhilfeklage stellt für Unternehmen ein relevantes (und weitgehend unbekanntes) Risiko dar, insbesondere im Hinblick auf Schadensersatzansprüche. Während geringfügige Schadensersatzansprüche von Verbrauchern oft nicht gerichtlich verfolgt werden, könnte sich dies nun ändern; Verbraucherverbände könnten entsprechende Klagen einreichen, was zu erheblichen Schadensersatzzahlungen führen kann (je nach Anzahl der betroffenen Verbraucher). Die sechs Klagen, die bereits eingereicht wurden, zeigen, dass dies nicht nur ein theoretisches Risiko ist; die Verbraucherverbände haben begonnen, dieses neue Instrument regelmäßig zu nutzen. Dies wirkt sich auf das Risiko für Unternehmen aus, die dies bei ihren Entscheidungen berücksichtigen sollten.
Informationen über die derzeit anhängigen Abhilfeklagen sind im Register des Bundesministeriums der Justiz öffentlich zugänglich. Der vollständige Text des VDuG ist hier verfügbar.